m e n u
 corona blues - geschenkt  lily und so  leseproben ohne (ge)waehrung  das heulmeisje und ich  lubeck  hex at home  witch tells tiny tales  off the beach - a corona gift // about me


das heulmeisje
und ich

  Der 24. Oktober im Jahre 1976 war ein Sonntag - keine ungewoehnliche Zeit fuer einen Spaziergang, wenn es auch selten vorkam, dass jemand sich hierher verirrte. Gegen 17 Uhr fand eine Familie die Leiche einer jungen Frau im Wald: nackt, bedeckt mit Laub, Aesten und Schmutz. Es lag weder eine Krankheit noch eine Vergiftung vor; Anzeichen von Schuss- und/oder Stichwunden waren auch nicht vorhanden - wahrscheinlich war ihr entweder die Kehle aufgeschlitzt oder sie war erdrosselt worden. Oder? Das war nicht viel, aber sie hatte bereits etliche Monate im Wald gelegen, einem Ort, der organische Vorgaenge beschleunigt, eine genaue Feststellung der Todesursache war deshalb nicht moeglich - damals nicht und heute wohl noch weniger. Immerhin konnte eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden.

  Die ueblichen Methoden: Gebiet durchkaemmen, Nachbarn befragen, Metalldetektor usw. blieben ohne Ergebnis, der Fokus der Polizei richtete sich daher auf die Liste aller vermissten Maedchen, die zur Beschreibung passten:
Sie war zwischen 15 und 20, 1,60 Meter gross und schlank, hatte eine helle Haut, 43 Zentimetern langes kastanienbraunes Haar und gute, unbehandelte Zaehne ohne Fuellungen - lediglich der untere rechte Zahn (4-6) fehlte, vermutlich in ihrem letzten Lebensjahr gezogen. Nun waren bereits im Jahre 1976 Zaehne ohne Fuellungen selten: statistisch nur ein 12-jaehriges Kind von eintausendfuenfhundert - dieser Aspekt war also ein genauso guter Anhaltspunkt wie der fehlende Zahn. Man verglich ihre Zaehne mit allen zahnaerztlichen Aufzeichnungen im Lande: Fehlanzeige. Erschwerend kam hinzu, dass Zahnaerzte in NL ihre Aufzeichnungen nach einem Jahr zu entsorgen pflegten [nicht nur fuer die Familien andrer vermissten Menschen, auch fuer meine Familie und mich ein entscheidender Punkt - wer weiss, was sonst passiert waere?]. Alle Befunde wurden nach Interpol, Paris [fast parallel lief eine ganz andere Suche via Interpol: im Norden Deutschlands wurde ein Maedchen nur mit Rucksack und ohne Papiere aufgegriffen, das angab im Jahre 1956 in Los Angeles geboren zu sein: ich] weitergereicht, um ganz Westeuropa zu checken - und von dort den Rest der Welt. Ergebnis: Ende des Jahres hatte das Maedchen trotz Eingrenzung des Alters (hoechstens 18 Jahre) immer noch keinen Namen.
  Um etwas ueber ihre Lebensweise herauszufinden, wurden ihre Haare genauer untersucht, eine Prozedur, die damals nicht oft angewandt wurde. Da auch diese Ergebnisse nicht zur Identifizierung fuehrte, setzte sich der Name "Heulmeisje" nach dem Fundort "De Heul" durch, einem Parkplatz an der AutobahnA12 bei Maarsbergen, NL, etwa vierzig Autominuten von der deutschen Grenze entfernt.
  Durch den Vergleich von Projektionen des Schaedels mit Fotos etlicher Vermissten, darunter die 16-jaehrigen Schuelerin Monique Jacobse, die am 7. April 1975 aus ihrem Elternhaus verschwunden war, versuchte man 1986 eine voellig neue Technik, um das Heulmeisje doch noch einen Namen geben zu koennen. Und siehe da: sie passten. Zugegeben, Moniques Zahnarzt hatte unmittelbar nach dem Fund im Jahre 1976 die Zahndaten miteinander verglichen und war rasch zum Schluss gekommen, dass es nicht Monique sein konnte [mein Zahnarzt war ein ganz Lieber, seine Angaben voellig korrekt: meine Zaehne waren bereits in den USA, wo wir eine gute Dekade lebten, wegen meiner "Schulallergie*" reichlich mit Amalgam bedacht worden - es war nicht zu uebersehen. Migraene, Verdauungschaos, Bronchitis, Allergien, Gelenkschmerzen, Lichtempfindlichkeit und zum Schluss Schwindel, Brainfog inkl. Gedaechtnisschwund, der Gang einer Besoffenen; etwas mehr als ein Dutzend Fuellungen mussten mir 2011 fachmaennisch rausgenommen werden - danach jahrelang Ausleitungen. Fast absurd, welche Streiche mir die verflixten Fuellungen bisher gespielt haben. Noch ein unuebersehbarer Unterschied zum Heulmeisje: 1976 mass die deutsche Polizei 168cm, ich war also 8 cm groesser]. Doch scheinbar waren dem Zahnarzt buerokratische Fehler unterlaufen, 1994 wurde die Akte des Heulmeisjes, diesmal mit Monique Jacobse vorne darauf, erneut entstaubt, nachdem die Polizei den Tipp erhielt, ein 73jaehriger Mann aus Groenlo koennte der Moerder sein, was auch geographisch passte: der damals 55-Jaehrige unterrichtete 1976 an einer Schule in der Naehe vom Fundort. Nach seiner Pensionierung war er mitsamt Frau nach Groenlo gezogen, wo seine Gesundheit sich drastisch verschlechterte: zweimal war der depressive Mann in einer psychiatrischen Einrichtung gewesen. Verschiedene Begebenheiten hatten seine Frau misstrauisch werden lassen, sie vermutete ein schreckliches Geheimnis und konfrontierte ihn mehrmals mit dem Leichenfund von 1976. Aber er leugnete die Tat jedes Mal. Dann kam seine Verhaftung und er wurde erneut in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen. Die staendigen Vorwuerfe und Verhoere, das Misstrauen - irgendwann machte der alte Mann ein Gestaendnis, was dank einiger Indizien durchaus ernst genommen wurde, zumal er es seiner Familie vor der Verhaftung gestanden haben soll. [Meine Mutter hatte alle Zeitungsartikel zu dem Thema gesammelt und drei Dekaden spaeter mir uebergeben. Der Mann aus Groenlo findet hier ein Extraplaetzchen, weil ich 1975 tatsaechlich von einem Mann in mittleren Jahren mit aelterem Alltagsauto ein gutes Stueck mitgenommen worden war: war das der Mann aus Groenlo? Wo? An einer Autobahn ab Utrecht, Richtung Munster - ich setze nachher eine Karte rein und hoffe, die Hengeloer Polizei hat noch Akten. Er war schuechtern und fast genauso unbedarft im Reden wie ich; leider wurde er irgendwann zudringlich, sowie er aber merkte, dass das nichts wurde, setzte er mich enttaeuscht und wuetend auf einem wenig benutzten Parkplatz an der Autobahn aus. Ich hatte die Wahl zwischen einer Uebernachtung auf dem Parklatz oder weiter trampen - daher brauchte die Hengeloer Polizei mich nur von der Autobahn pfluecken. Ohne Papiere, was sonst? Geplant war das nicht, ich gab mich als meine volljaehrige Schwester aus, profitierte von deren schulischer Ueberlastung wegen Pruefungen und konnte nach einem telefonischen Austausch zwischen Polizei und Schule bald weiterziehen.] Im November desselben Jahres beging der Mann, der seine Gestaendnis laengst widerrufen hatte, Selbstmord - [etwa weil er sich mitschuldig an "meinem" Tod fuehlte? Es kommt selten vor, dass Menschen mit Depressionen Hand an anderen legen, dann eher an sich selbst - ich bin ueberzeugt, mit dem Tod des Heulmeisjes hatte er nichts zu tun]. In NL wird ein Verfahren eingestellt sobald der Verdaechtiger stirbt, daher wurden die Ermittlungen beendet. So kam es, dass bis 2006 niemand ausser ihrem Zahnarzt daran zweifelte, dass das Heulmeisje Monique Jacobse war. Dann meldete sich die Tote. [Es war jedem klar, dass unsere Schwester Marion irgendwann Erfolg haben wuerde, und so suchte ich 2006 vertrauensvoll im Internet, um ihr via E-Mail alles Gute zum 50. Geburtstag zu wuenschen, und stiess auf  marion jacobse . Weniger sicher, ob mein zaghaftes Anklopfen nach so vielen Jahren willkommen war, gab ich mich nicht sofort zu erkennen und eierte herum - kann ich gut. Irgendwann musste ich verbluefft feststellen, dass sie Zweifel wegen meiner Identitaet hatte - ernste Zweifel. Das hatte ich nicht erwartet. Erst als ich mit Details aufwartete, die nur wir beide wissen konnten, wurde sie stuetzig:
"WHO ARE YOU?!?!" lautete ihre naechste E-Mail kurz und buendig ueber die gesamte Laenge des Bildschirms. Schwer zu sagen, wer von uns beiden den groesseren Schock erlitt, nachdem ich von "meiner" Ermordung erfuhr. Aus Ruecksicht auf mich, immerhin seit drei Dekaden in einem anderen Land unter einem anderen Namen registriert und gerade von einer Lungenentzuendung genesend, informierte meine niederlaendische Familie die Polizei erst, als diese ankuendigte,"mein" Grab im Rahmen der Ermittlungen um einen mutmasslichen Serienmoerder Peter C. mal wieder oeffnen zu wollen (also teilten sie im Grunde meine Zweifel wg. dem Mann aus Hengelo). September 2012 bestaetigte die niederlaendische Polizei via DNA, dass ich tatsaechlich ich war; 2013 erhielt ich nach Einmischung der Koenigin (und meines guten Freund Karl, der sich traute, ihr zu schreiben) offiziell meine Identitaet zurueck - es war ein langer stupider Kampf gegen unsichtbare Windmuehlen, einen Weg den ich heute auf deutschem Boden erneut begehen muss, denn eine Monique Jacobse hatte dort z.B. nie in die Rentenkasse eingezahlt.]
  Die Sucherei nach der Identitaet vom Heulmeisje ging also erneut los, dafuer war die Technik drei Dekaden weiter. Man ordnete eine Gesichtsrekonstruktion an; Schaedelmasse und zahnaerztliche Aufzeichnungen von 1976 wurden ebenfalls verglichen. Das Ergebnis wurde 2007 in "Opsporing Verzocht" im niederlaendischen Fernsehen praesentiert, das Bild ging von einem erwachsenen Alter aus, das spaeter nach unten korrigiert wurde, daher wird es hier nicht gezeigt.
  2012 war der Rausch um DNA & Co im vollen Gange, mehrere vermissten Maedchen konnten seitdem ausgeschlossen werden. Die Polizei war dank der vielen Hinweise aus der Bevoelkerung nicht untaetig, u.a. die Aussage eines Taxifahrers, der einen Mann und ein Maedchen gefahren haben soll: sie sprachen Deutsch und gerieten waehrend der Fahrt in Streit. Das Maedchen soll gesagt haben, sie wuerde nach Deutschland zurueckkehren wollen, waehrend der Mann in den Niederlanden bleiben wollte. Der Fahrer erinnerte sich daran, dass das Maedchen Stuyvesant Zigaretten rauchte und dass sie in der Gastronomie gearbeitet hatten, entweder in Den Haag oder Scheveningen. Das Paar verliess das Auto etwa 1 Kilometer vom Parkplatz De Heul entfernt. Solche Hinweise waren keine Seltenheit, dieses detaillierte Beispiel mag reichen. Zudem meldeten sich etliche Anwaelte im Namen von Familien, die wissen wollten, ob das Maedchen nicht ihr Kind sein koennte. Kein Treffer.
  Isotopen-Untersuchungen kamen hinzu. Via Haaren, Zaehnen und Knochen des Heulmeisjes konnte festgestellt werden, dass sie in einem vulkanischen Bereich aufgewachsen war; innerhalb Europas bedeutete das konkret: Eifel (Deutschland), Auvergne (Frankreich), Boehmen (Tschechische Republik), Griechenland oder Italien. Die Sauerstoff-Isotope hingegen schlossen Auvergne, Griechenland und Italien aus. Auch Boehmen kam nicht mehr in Frage. Blieb nur die Eifel. Es gibt Einwaende gegen die Schlussfolgerung, sich bei der Neuaufnahme des Mordfalls auf die Eifel als Herkunftsland zu beschraenken, zumal in den Haaren des Heulmeisjes Blei war, welches zu dem damals ueblichen "Russenbenzin" passte: in der Eifel gab es diese Sorte Benzin damals nicht. Menschliches Haar waechst im Durchschnitt ca. einen Zentimeter pro Monat und kann Auskunft darueber geben, wo man waehrend dieser Zeit gewesen ist:

43 Zentimeter Haar = drei Jahre und sieben Monate

Die letzten sieben Monate ihres Lebens soll sie in Westeuropa verbracht haben, moeglicherweise in Deutschland - fuer wahrscheinlicher wurde die Gegend von Maastricht oder Utrecht/Amsterdam gehalten, wo sie gefunden wurde. Die Haare des Heulmeisjes verrieten auch, dass sie sich vor ihrem Tod sehr sparsam oder einseitig ernaehrt hatte, sie ass taeglich das gleiche und bekam nicht genug Proteine: Entfuehrung, Diaet, Armut? Alles moeglich. Das DNA-Profil des Heulmeisje lieferte immerhin einen handfesten Nachweis: sie hatte braune Augen.
 Nach Bekanntgabe der deutschen Herkunft des Maedchens regnete es abermals Hinweise. So erzaehlte 2012 ein Taxifahrer von einem betrunkenen Mann, der behauptete, ein junges Maedchen aus Essen getoetet zu haben. Nach einer Folge von "Aktenzeichen XY ungeloest" (das Heulmeisje war in mindestens zwei Sendungen mit dabei), deutscher Version von der niederlaendischen "Opsporing Verzocht", erhielt die Polizei unzaehlige neue Tipps.

  Anfang 2013 verkundete das Niederlaendische Forensische Institut Heulmeisjes endgueltiges Alter: 13,5 bis 15 Jahre - doch ein gutes Stueck juenger als urspruenglich angenommen. Die alte Rekonstruktion von Heulmeisjes Gesicht ging von einem aelteren Maedchen, fast schon von einer jungen Frau aus, also musste eine neue Rekonstruktion her. Es wurde in Schottland an der University of Dundee angefertigt und in etlichen Medien praesentiert:


 2013 kam die deutsche Polizei mit dem ehrgeizigen Vorhaben einer sehr aufwaendigen DNA-Verwandtschaftssuche, der Plan war, Heulmeisjes DNA-Profil mit denen der Polizeidatenbanken beider Laendern zu vergleichen - vielleicht konnte so einen Verwandten des Maedchens aufgetrieben werden? Dies wurde 2016 von Deutschland genehmigt und meines Wissens bisher nicht durchgefuehrt. Im gleichen Jahr winkte die amerikanische Regierung ihr Okay durch wegen eines ihrer Soldaten, der 1976 in der Naehe von Maarsbergen stationiert war. Eine verspaetete Reaktion auf einen Hinweis zwei Jahren zuvor: der amerikanischer Soldat und ein deutsches Maedchen sollen in der Naehe von Maarsbergen gelebt haben - sie soll von zu Hause weggelaufen sein und sich versteckt gehalten haben, weil minderjaehrig. Amerikanische Soldaten, die hier stationiert waren, mussten sich nicht in NL registrieren, weshalb die Polizei um Hilfe nachgesucht hatte. Was daraus geworden ist? Fragt die Amerikaner.

  In den Niederlanden gibt es uebrigens eine Verjaehrungsfrist selbst fuer Mord, Prioritaet hat daher dort nicht die Auffindung des Moerders, sondern die Identitaet dessen Opfer: das Heulmeisje. Sollte der Taeter und/oder das Opfer allerdings wie angenommen kein Niederlaender sein... Hm.

  Ja, es ist 34 Jahre her, und das ist eine ganze Weile. Dennoch kann es doch sein, dass sie trotzdem irgendwo immer noch jemandem fehlt: einer Schwester, Nichte, ehemaligen Schulfreundin?
  Wer Hinweise hat, bitte die Polizei informieren, auch moeglich an @heulmeisje auf #Twitter, ich leite es weiter. Danke!


© 2019 hexandthecity - uebrigens a human being, der auch schon mal irrt: Alle Angaben ohne Gewaehr.


ueber mich

Krisen bewirken bei jedem was anderes. Waehrend Corona hat der eine sich das Stricken, die andere das Gitarrenspielen beigebracht: viele Keller sind endlich entruempelt, einige Gaerten nun eine mittlere Katastrophe. Ich schreibe Geschichten, und das nicht erst seit Corona - nur diese eine vom Heulmeisje und mir ist nicht erfunden.
  Ende 1989 lagen sich alle in den Armen, als der Nabob seiner aermeren kleinen Nachbarin die Ehe anbot und diese mehr oder weniger freiwillig akzeptierte. Manchmal hat man nicht viel Wahl. Das nagt, zumal offenbar niemand den Mauerfall ("Wende" finde ich unpassend, dazu haette sich mehr wenden muessen) vorausgesehen hatte - aufhorchend durchforstete ich 1990 saemtliche 1989er Ausgaben vom damals noch tiefroten Spiegel, der die DDR mit sehr spitzen Zaehnen nur zwischen Gaensefuesschen setzte: null. Und so verliess ich zum ersten Mal meine short stories, Glossen, Kreuzwortraetsel, Wettbewerbe und Uebersetzungen, die ich abends/nachts bewaeltigte, und eine lustige laengere Geschichte entstand ("marke: solo", siehe Menu oben).
 Mein zweiter Krisenstreich entstand, als hierzulande die Asylheime brannten: "saltener bits" (1992). Der Siegeszug der Digitalismus hatte da bereits angefangen, deutlich erkennbar auch im spaeteren Jugendbuch "the icemakers" (2008) - als Oma war das Thema "Daddeln" (fuer viele Erziehungsberechtigten damals ein nicht unbedingt rotes, aber doch unbekanntes Tuch) superaktuell, als Tochter einer der ersten Frauen, die im Computerwesen eine Zukunft sah und sich mit ueber 50 ausbilden liess, erst recht.
 Geld macht bekanntlich dumm. Die #Finanzkrise und #Occupy haben bei mir nichts Kreatives bewirkt, bin wie so viele auf die Strasse gegangen und dann auch noch komplett ausgestiegen. Erst spaeter kam die naechste literarische Eruption waehrend der #Fluechtlingskrise: "gesiebtes brot" (2015), hier verarbeitete ich unterschwellig meine eigene Krise zwischen Brainfog, Identitaet und pflegebeduerftiger Mutter.

 #Corona. Anfangs waren alle solidarisch: die digitale Umarmungen, das Klatschen, die Onlinekonzerte - war das nicht irgendwie wunderschoen? Und alles geschenkt, ohne Geld! Mein Beitrag war "corona blues" (2020), diesmal mit erstaunlich wenig Gruenkram; die Uebersetzung folgte ein Jahr spaeter, und weil es langweilig ist, eigene Sachen zu uebersetzen, warf ich mit biographisch unterhauchten pepernoten (= Pfeffernuesse werden am 6. Dezember in NL den kids zugeworfen) for insiders only, eine gute Gelegenheit, meinen englisch speaking Verwandten das eine oder andere zu erlaeutern. Schade, dass aus der #Solidaritaet eine Schlammschlacht zwischen Geimpften und Ungeimpften wurde, anstatt Loesungen zu suchen fielen alle uebereinander her. Nichts dazu gelernt. Mensch.
 Achtung, ausser den beiden Geschenken, "corona blues" und dessen engl. Uebersetzung "off the beach" (2021), kann man meine in Deutschland geschriebenen Buecher u.a. dank eines Verbots vom Arbeitsamt nicht erwerben, es gibt aber Leseproben; nach der DNA-Bestaetigung, eine vollwertige Europaerin zu sein, versuchte ich es einige Wochen mit e-books, was mir wenig gefiel. Ich strebe die Gruendung einer Stiftung an - meiner lustigen Klaue sieht man es nicht an, aber ich bin konsequent und moechte mit diesem Finanzsystem nichts zu tun haben. Mein Ehrgeiz hat sich stets darauf beschraenkt, das, was ich mache, ordentlich zu tun, also sein Bestes zu geben, und ich finde, das muesste reichen - wenn nicht, sind die Rahmenbedingungen nicht in Ordnung. Warum sollte ich da mitmachen?

 Irgendwann kommt jeder in das Alter, wo man denkt: na, wird langsam Zeit - auch meine Gesundheit und die Arbeit an hexandthecity pusht: Erinnerungen kommen hoch, einiges schwindet in eigener Bedeutungslosigkeit, andere strahlen mich ploetzlich an wie eine alte Liebe. Also los: Mein Ziel war und ist ein sehr grosses Grundstueck - falls noch nicht Naturschutzgebiet, wuerde ich schleunigst daran arbeiten. Kein Baum, kein Wolf soll weichen muessen, weil wir vermessene Menschen den Platz fuer uns beanspruchen oder etwas unschoen oder unbequem finden. Habe bereits als junge Frau und Mutter die Wichtigkeit eines Daches ueberm Kopf erkannt, es ist nicht nur der groesste Geldposten, es gibt tatsaechlich ein Recht auf Wohnen (u.a. Artikel 11 des Internationalen Pakts ueber wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte) - wann verpassen wir diesem Grundrecht endlich ein festes Fundament?
  Stellt euch vor, wir haetten alle ein Dach ueberm Kopf inklusive autonomer Strom- & Wasserversorgung und Garten (ein Balkon oder Fensterbank in der Stadt vermag auch viel, come on!). Wir koennten uns aussuchen, was wir am liebsten mit unserer Zeit anfangen wuerden: nix Ausbeutung, 3 Jobs und Sanktionen oder Schuften bis zum Umfallen, um sein Bisschen Rente fuer spaeter zu sichern, nix Wohngeld, nix Ueberwachung und staendige Bereitschaft via Smartphone oder sonstwie - ein paar Stunden (gut bezahlte, weil Angebot und Nachfrage sich bekanntlich anpassen) Arbeit in der Woche wuerde den meisten reichen. Verdammt noch mal, wozu sonst gibt/gab es Automatisierung, Digitalisierung und wasweissichnoch - etwa doch um die Reichen noch reicher zu machen? Fuer Unermuedlichen mit Hummeln im Hintern wie mich bliebe immer noch genug zu tun. Wir koennten es uns aussuchen: sich mehr um alte Menschen, Kinder, den Garten zwecks Eigenversorgung, irgendein Ehrenamt kuemmern, eine Fremdsprache erlernen, Malen, eine GesundheitsSoftware fuer den einzelnen kreiern, welche die aufgeblaehten Kassen schrumpfen oder ueberfluessig machen wuerde (bitte melden!) oder gar ein neues transparentes Gesundheitssystem ermoeglicht? Geld wuerde allmaehlich zu dem schrumpfen, was es sein sollte: ein Tauschmittel. Vielleicht steigt die Grossfamilie, durch eine abgeguckte bzw. aufgezwungene Mobilitaet in alle Winde verweht, wieder aus der Asche und man faengt wieder an, das eine oder andere zusammen zu machen, sich um einander zu kuemmern?
  Da aber zu befuerchten steht, dass dieser Zustand oder z.B. das Bedingungslose Grundeinkommen #BGE (viele Wege fuehren nach Rom) Zeit bzw. mehr Zivilcourage benoetigt als vorhanden ist, moechte ich eine Stiftung gruenden. Bin keine Geschaeftsfrau und brauche nicht viel - warum sollte ich mir den Umgang mit Geld antun? Ruhm? Are you kidding? Dieses Geldsystem ist nichts fuer mich - selbst mit Muscheln handeln ist besser. Daher moechte ich meine eigene Welt/Stiftung schaffen, verschiedenes muesste ausgerechnet und festgelegt werden: wieviel Quadratmeter ein selbstverstaendlich oekologisch gepraegter Mensch oder ein Paar braucht zum Beispiel - dieser space wuerde einem dann lebenslaenglich zustehen, bleibt aber Eigentum der #Stiftung, transparent einsehbar und mit Vorlagen, die einen Missbrauch ausschliessen. Soll es sogar schon geben. Einige schlagen vor, alte Container zusammensetzen wie Legosteine - waer das evtl. die am oekologischte Baumethode? Keine Ahnung. Man koennte sich gewisse Raeume und Aufgaben und Freuden teilen: Waescheraum, Garten, Fahrradschuppen, Spielplatz, eine gemeinsame Sauna mit Solarstrom vom Dach und ein genau aufeinander abgestimmtes Abwassersystem... Also, wer eine Idee hat oder einen Verleger kennt, der sich inkl. Rechtsabteilung einlaesst, anstatt immer nur ueber Gott und die Welt zu philosophieren - hier bin ich!
  Diese letzte freie Flaeche wird genutzt, um abzuschliessen, oder besser: um aus einigen Geschichten eine einzige zu machen, naemlich meine. In dem Bemuehen, einiges aufzuklaeren und auch, es hier unterzubringen, damit nicht nur meine Kinder und deren Kinder und wen es noch interessiert, meine bekloppte Geschichte verstehen, fing ich selbst an, ein paar Dinge in ihrer Gesamtheit zu hinterfragen und teilweise zu erfassen. Es wird vermutet, dass ich fast taub (70%) zur Welt kam, es wurde aber erst nach Jahren in der dritten Klasse entdeckt, vielleicht lebe ich deswegen in meiner eigenen Bubble: (manchmal zu) vieles kommt rein, aber wenig raus, es ist anstrengend zu erfassen, was der oder die gerade sagt oder denkt, eigene Gedanken werden daher erst klar, wenn sie niedergeschrieben werden, vorher sind sie wie die Landschaft, die im Zug an einem vorbeirauscht: meist ist man mit etwas anderem beschaeftigt und sieht zwar alles, aber im Grunde nichts.
  Die schwersten Paeckchen, die Kinder zu tragen haben, sind die Erwartungen, die in sie gesetzt werden - deswegen habe ich von meinen wenig erwartet: sie sollten eine schoene Kindheit haben und ihren Weg finden, welchen Weg auch immer. Die Ratlosigkeit, die Enttaeuschung meiner Eltern ueber eine fast taube introvertierte Tochter, die staendig die Schule (staatliche sind uebrigens ueberall gleich: Einheitsbrei fuer Einheitskinder)
schwaenzte oder wegen nicht vorhandenen Schmerzen beim Zahnarzt war und wenig sagte, hatte fuer mich die Botschaft: sie wissen auch nicht weiter, ich war ein "Problem", das sie nicht in der Lage waren zu loesen. Diese unbewusste Art, sich als Problem zu definieren, fuhrte dazu, dass ich mein neues Leben ohne das unbekannte Kind Monique anfing. Klassische Verdraengung. Die letzten Jahren waren nicht nur ein Kampf um meine Gesundheit, sondern auch eine Suche nach diesem Maedchen, als sei sie jemand anderes. Die parallele Suche nach der Identitaet des Heulmeisjes hat zu einer Art Deal mit einem Toten gefuehrt: hilf du mir, helfe ich dir. Makaber, schizophren? Vielleicht. Die Suche nach der Identitaet des Heulmeisjes verschmolz mit der Suche nach dem Maedchen, das ich vor 46 Jahren verlassen hatte, weil ich dachte, ohne geht's besser. Und ohne zu wissen, dass das nicht geht - muehelos schliesst sich der Kreis dann nicht mehr, und schon gar nicht von alleine. Pure Rationalitaet ist nicht nur unmoeglich, es ist ungesund, das haben mir die letzten Jahren gezeigt.
  Natuerlich ist es wichtig, wer du bist - aber wer du sein moechtest, das ist der Weg. Lass dich nicht irre machen, was andere denken oder erwarten, denn sie sind nicht du und es ist dein Leben. Lass deine Kinder so, wie sie sind, unterstuetzt sie - hinterfragen ist immer OK, aber zerbricht euch nicht den Kopf der anderen. Es ist ihr Leben, nicht deins. Die Bewegung #FridaysforKids freut mich auch deshalb besonders, und nicht etwa nur, weil diese Welt sich dadurch meiner Welt etwas angenaehert hat. Und was mich selbst betrifft: Heureka! Das naechste Mal, wenn jemand Fragen wegen meiner merkwuerdigen Vergangenheit stellt, kann ich auf diese Site verweisen und mich ansonsten ums Hier und Jetzt kuemmern. Abgehakt! SMS? D1798197176 - this is a very old Nokia - Anrufe sinnlos.

  Bye, macht's gut!

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